Was ist eigentlich mit dem Internet passiert?
Datum: 7. März 2025
Ich hab mich gerade dazu gedrängt gefühlt, diesem Beitrag folgenden Titel zu verpassen: „Coaching ist kacke“.
Fakt ist aber, dass das eigentlich nicht richtig ist. Menschen, die bereit sind, andere auf ihrem persönlichen Weg mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, sind unglaublich wertvoll. Es ist meiner Meinung nach eine wichtige Erkenntnis, zu sehen, dass man nicht alles alleine schaffen muss und dass man immer wieder im Leben an dem Punkt steht, dass man Hilfe braucht.
Was mir allerdings überhaupt nicht gefällt ist, wie sich diese Branche im Internet spiegelt. Versteht mich nicht falsch, sicher gab es auch vor der Social-Media-Ära, und auch bevor das Internet an sich überhaupt ein Medium für die breite Masse geworden ist, viele komische Leute, die nur „dein Bestes“ wollten (Zaster).
In den letzten Jahren bin ich aus persönlichem Anlass ganz unterschiedliche Menschen gefolgt – sei es, indem ich ihre Bücher gekauft, ihre YouTube-Kanäle abonniert, oder ihre Blogs gelesen habe.

Und dabei ist mir ein Muster aufgefallen. Zum einen gibt es da, gerade im spirituellen Feld, richtige Organisationen – ich finde, man könnte manche sogar als Sekten bezeichnen – die nichts weiter im Sinn haben, als Menschen einzufangen. Sie versprechen dir den Himmel auf Erden. Ein paar Tipps geben sie dir sogar gratis. Aber im Endeffekt sollst du lieber schön tief in deine Tasche greifen, weil du mit diesen Tipps alleine über kurz oder lang nicht weiterkommst. Und am Ende landest du in einer Schneeballmaschine – denn bevor du im Himmel angekommen bist, wirst du direkt auch schon aufgefordert, die Lehre weiterzutragen und andere zu „coachen“.
Zum anderen gibt es da auch einen Schlag von Menschen, der seine Tätigkeit als Grundlage nutzt, um wie ein Pfau seine Schwanzfedern auszubreiten. Regelmäßig werden Bilder und Videos gepostet, die nichts anderes zeigen, wie toll und schön und reich dieser Mensch ist. Und dann erzählt dieser Mensch dir, dass er dir für drölftausend Euros beibringen kann, wie du auch an diesen Punkt kommst und dabei superduper glücklich wirst.
Eine andere Sorte Mensch, die mir begegnet ist, sind die, die ich gerne als selbsternannte Erleuchtete bezeichne. Sie sprechen wie Propheten und verkaufen dir ihre beeindruckende Ausstrahlung, und wenn du dich darauf einlässt, steckst du meiner Meinung nach ganz schnell in einer Art Personenkult fest.
Dabei habe ich auch nicht nur Personen im Sinn, die in der spirituellen Schiene unterwegs sind. Linkedin ist meiner Meinung nach ebenfalls voll von psychologischen Berater:innen, die ein sehr unwirkliches Weltbild zeichnen – und es dir verkaufen wollen. Bist du einmal mit denen in Kontakt gewesen, geht da auch direkt der E-Mail-Spam los. Um ehrlich zu sein, der Spam ist sogar richtig gut, denn die Inhalte sind oft wertvoll, sie helfen dir aber nicht, das Gesagte in dein Leben zu implementieren. Und da kommt dann auch sofort der Call-to-Action-Link. Vermutlich nicht nur einer. Es sind gerne auch mal drei.
Die geposteten Inhalte drehen sich auch irgendwann im Kreis. Da bilden sich wirklich Zyklen, die Leute fangen an Themen wiederzukäuen, wie eine Horde Kühe auf der Weide das mit dem Gras macht. Denn man muss ja schön immer alle paar Tage etwas raushauen, damit die KI was zu essen hat, was sie dann hoffentlich auch auf die Startseite von potenziellen neuen Followern kotzt.
Ich maße mir nicht an, das besser zu machen. Ich bin kein „Coach“, kein „Content-Creator“ und natürlich auch kein Prediger. Ich bin ein Mensch und ich bin genauso blöd wie alle anderen. Aber es nervt mich einfach, wie das Internet sich entwickelt hat. Es ist alles nur noch Show.
Dazu kommt noch, dass sich sämtliche Communities nur noch auf den großen Plattformen tummeln, natürlich schön im Zentrum der Beratungsangebote. Damit schließt sich dann auch ein Kreis, denn man findet außerhalb dieses Kontextes auch keinen Kontakt mehr zu Gleichgesinnten, das empfinde ich auch als Masche, von der oberflächlich betrachtet erstmal die tollen Coaching-Anbieter:innen profitieren. Wenn man genau hinsieht, füttert man damit aber obendrein auch noch die Unternehmen, welche die Plattformen betreiben, denn die Menschen haben keinen Bock sich woanders umzuschauen und die Dienstleister:innen haben keinen Bock, sich möglicherweise Arbeit zu machen, indem sie etwas Unabhängiges auf die Beine stellen, mit der Zeit vielleicht sogar etwas Bedeutsames schaffen – es geht ja schließlich nur um das schnelle Publishen, damit der Rubel auch beständig rollt.
Als ich jung war, war das Netz für mich die Welt, in der ich mich entfalten konnte und viele großartige Menschen kennengelernt habe. In einem spezifischen Umfeld, das mich sehr geprägt hat, war eine Sache besonders auffällig: die Leute kannten sich größtenteils kaum, aber alle waren füreinander da und haben sich gegenseitig zugehört und geholfen. Einfach so. Ohne Schnickschnack und leere Versprechungen. Die Leute waren einfach echt. Und da waren viele Menschen unterwegs, die selbst kein einfaches Leben hatten.
Damit will ich nicht behaupten, jeder, der auf YouTube und Co. postet gehört in die Kategorie derer, die ich hier kritisiere (oder, dass diese Leute nur Mist reden – sie hätten keinen Erfolg, wenn alle von denen nichts als Gehirngespinste von sich geben würden).
Es gibt da draußen großartige, begnadete Menschen, die anderen wirklich helfen möchten und es auch können. Die mit einer Mission und einer Gabe auf diese Welt gekommen sind und es wirklich verdient haben, dafür finanziellen Ausgleich zu erhalten, damit sie ihre Zeit nicht im Supermarkt an der Kasse oder in der SAP-Abteilung am Schreibtisch vergeuden.
Aber die Masse an Bullshit ist einfach so groß, dass man da kaum noch durchblickt.
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